„Ihr werdet es hassen, denn es
ist fürchterlich. Unerträglich!“, sagt sie und schüttet den sechsten Löffel
Zucker in ihren Milchkaffee. „Man kann nicht atmen. Die Luft ist zäh und die
Menschen angsteinflößend. Die Armut ist erschreckend und letztendlich werdet
ihr genau dort sein, wo alle sind, das machen, was alle machen. Ihr werdet in
Luang Prabang Baguettes essen, in Vang Vieng raften, in Vientienne fluchen und
feststellen, dass die 4000 Islands alle mehr oder weniger gleich sind. Wirklich
fürchterlich.“ Nicht, dass sie sonst zu großer Euphorie neigt, aber in Punkto Laos
sind bei Mascha offensichtlich keine Sympathien zu holen.
Vor vier Jahren strandete
sie hier. Mit ihrem Rucksack, leerer Geldbörse und gesunder Perspektivlosigkeit
verschlug es auch sie in den thailändischen Norden. Schnell war die slowenische
Heimat für die Anhängerin unkonventioneller Wege zu eng geworden und so
investierte sie die letzten Rücklagen in ein Flugticket nach Chiang Mai. Auch
in diese Stadt hat sie sich nicht verliebt, aber in Stefan, einen Landsmann. Dieser
kann sich nicht recht entscheiden, ob er lieber Mann oder Frau ist. Entsprechend
schwankt er zwischen den Geschlechtern. Maschas Flexibilität bezüglich ihrer
sexuellen Präferenzen spielt diesem Umstand in die Hand. Teilzeit-Homo nennt
sie das und so ist sie Lesbe, wenn Stefan einen Lippenstifttag hat. Drei Monate
nach ihrem ersten Treffen schlossen sie den ehelichen Bund, vielleicht
hitzebedingt, vielleicht durch Gleichgültigkeit. Nur ihre sanften Augen
verraten ihre Jugend. 26 sagt der Pass, 36 der durchschnittliche Betrachter.
Täglich zwei Schachteln Zigaretten und zu wenig Schlaf haben sie altern lassen.
Was es in Asien zu sehen gibt, hat sie gesehen und so soll sie mit ihrem Urteil
Recht behalten.
Der Mekong fließt in einem
wundervollen Tempo. Steine, Felsen und Müll bremsen seine Strömung und so
können wir entlang seiner Ufer Kinder beobachten, die Ziegen hüten oder Greise
beim Angeln bewundern. Unser kunterbunter Holzkahn ist schwer beladen. Nur
wenige Centimeter Spielraum bleiben zum Wasserspiegel. Streckt man die Hand
aus, landet sie im warmen Nass. Schlammiges braun des Flusses trifft auf das
dichte Grün der Palmenwälder entlang der Hänge und graue Berge und Hügel reihen
sich an einander wie bei einem Oberstufenaquarell. Laos empfängt dich
freundlich. Sanft schaukelt der Kahn und so verschläft man die Hälfte der
dreitätigen Fahrt flussabwärts vom Heroinmekka des Goldenen Dreiecks.
Um acht
Uhr morgens legen wir an. Nicht alle meistern den Balanceakt über die schmalen
Planken zum Ufer mit ihrem schweren Gepäck problemlos. Drei Tage Sitzschlaf
unterstützen diesen Umstand ebenso wenig. Mit neuen Freunden vom Kahn und vier
Hühnern teilen wir uns ein Tuk Tuk nach Luang Prabang. Das Weltkulturerbe ist
ein Touristenzentrum. Glücklicher Weise haben uns Freunde eine friedvolle
Unterkunft in einem zurückgezogen Gasthaus gesichert. Schöner Garten, Zimmer
wie daheim und 2 Dollar die Nacht inklusive Wäscheservice. Die Luft ist so
nass, dass sie tatsächlich zähflüssig erscheint. Unser Kleidung klebt am Körper
und Schweißperlen finden sich nicht nur in unseren Gesichtern. Trotzdem fühlen
wir uns wohl. Unzählige Mopeds, Palmensäume, Tempelruinen und etlicher dieser
kleinen Geschäfte, die nicht unmittelbar verraten womit sie handeln. Göttermasken,
Papierkronen, Duschköpfe? Wer weiß das schon....
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